Ist der Atemmuskel geschwächt, kann dies lebensbedrohliche Komplikationen verursachen. Mit elektromagnetischen Feldern möchte Stimit das Zwerchfell stimulieren und den Atemmuskel stärken. Der Prototyp entstand unter anderem mit der Infrastruktur und dem Know-how des Switzerland Innovation Park Biel/Bienn (SIP BB).
Interview: Leila Chaabane, Marketing-Communication SIP BB, mit Ronja Bruhn, CEO, Co-Founder, Stimit AG
Auf eurer Homepage steht «Activate the Lung». Stimit widmet sich genau dieser Aktivierung der Lungenfunktion. Warum und wie geht das?
Es gibt Millionen von Menschen, deren Zwerchfell während der künstlichen Beatmung rasch und massiv an Kraft einbüsst und welches erhalten oder aufgebaut werden muss, damit der Patient wieder selbstständig atmen kann. Genau das möchte Stimit erreichen, indem das Zwerchfell mit elektromagnetischen Feldern stimuliert wird.
Wir erwarten aufgrund der Datenlage, dass bereits wenige Minuten am Tag reichen werden um mit unserer nicht-invasiven Lösung den Atemmuskel zu stärken. Damit möchten wir Krankenhausaufenthalte kürzen, lebensbedrohliche Komplikationen vermeiden und wir haben sogar die Chance Leben zu retten.
Was bedeutet der Name Stimit?
Stimit ist eine Abkürzung von stimulate it. Also: stimuliere es.
Ihr habt einen Arbeitsplatz im SIPBB. Wie kam es dazu?
Unser Business-Coach Dr. Heiko Visarius von VISARTIS Healthcare GmbH hat uns auf die grosse Medtech- Startup-Szene und die ausgezeichnete Infrastruktur im SIPBB aufmerksam gemacht.
Als wir danach noch Raniero Pittini, Head of Swiss Medtech Center von SIPBB kennenlernten sowie Einblick ins hausinterne Prototying erhielten und Business Experten, wie Felix Kunz, CEO SIPBB begegneten, war für uns klar: Im SIPBB sind wir gut untergebracht. Natürlich ist auch die Nähe zum Inselspital und zur BFH ein wichtiger Faktor.
Braucht Ihr auch die Infrastruktur und das Know-how vom SIPBB?
Auf jeden Fall. Unsere Prototypen konnten wir dank dem internen Know-how und der Infrastruktur im SIPBB produzieren. Sie stehen aktuell hier im 2. Stock.
Wir greifen gelegentlich auch für Recherchen, Patentanfragen und weitere Abklärungen auf das Fachwissen und die Ressourcen von SIPBB zurück.
Stimit wurde 2018 gegründet und bereits 2021 wollt ihr mit einer Produktelösung auf den Markt. Ein sehr sportliches Ziel, oder nicht?
Nun, wir wollen ja das Rad nicht ganz neu erfinden, sondern fahren eine gezielte Partnerschaftsstrategie und arbeiten mit zuverlässigen Zulieferern von bestehenden Komponenten. Damit erreichen wir die regulatorischen Vorgaben der Medizinprodukte (MDR) für die CE Marktzulassung weit früher als dies üblich ist. Stimit beschreitet mit dieser Vorgehensweise einen neuen Weg, um rasch möglichst konforme Produkte in einem Marktsegment zu verkaufen.
Wir betreiben somit keine Grundlagenforschung, sondern fokussieren uns auf einzigartige neue Anwendungen anhand bestehender Grundtechnologien.
Das klingt einfach, ist es aber nicht:
Um überhaupt beginnen zu können, mussten wir die Bedürfnisse des Anwenders – Patient, Arzt, Pflegepersonal – bestens verstehen. Schnell war der Graben zwischen dem was der Nutzer möchte/braucht und dem was die heutige Technologie leisten kann ersichtlich. Eine Lücke mit grossem Innovationspotential! Diesen Anforderungen widmet sich Stimit AG. Wir passen die bestehende Technologie den Bedürfnissen der Nutzer an, und machen dabei neue Erfindungen.
Euer Antrag bei Innosuisse (Schweizerische Agentur für Innovationsförderung) wurde genehmigt. Davon träumen viele Startups. Kannst du uns erzählen, wie ihr vorgegangen seid?
Das war eine unglaublich spannende und besonders schlaflose Phase. Nur Tage bevor wir den Antrag einreichen wollten, lernten wir Raniero Pittini kennen. Dank seinem grossen Know-how konnten wir das fehlende Puzzlestück im Bereich Elektromagnetismus ergänzen. Zu viert haben wir danach den Antrag– inkl. Wochenende und Nachtarbeit – fertig geschrieben. Da mussten Powernaps reichen.
Am 11. November 2018 haben wir den Antrag eingereicht und einen Tag vor Weihnachten erhielten wir die Zusage. Das waren wunderschöne Feiertage und ein besonders schöner Silvester.
Und wie geht es weiter?
Wir führen eine Portfoliostrategie und wollen mit unserem ersten Produkt den klinischen Mehrwert für Patienten beweisen sowie die Anwender davon überzeugen. Parallel entwickeln wir aber bereits weiter, um mit einem kompletten System weltweit möglichst viele Patienten zu erreichen.
Während andere sagen: «use it or loose it», sagen wir ganz klar: «pace it and keep it!»