Noch bevor die Swiss Smart Factory (SSF) – einer der vier Forschungsbereiche des Switzerland Innovation Park Biel/Bienne (SIPBB) – im Herbst 2020 als erste Abteilung in den Neubau zieht, werden im Provisorium in Ipsach die ersten Meilensteine gelegt. Mit dem Leuchtturmprojekt soll ein ganzes Produktionsökosystem zeigen, wie Industrie 4.0 schon heute funktionieren kann. Initiantin des Projektes ist die Swiss Smart Factory des SIPBB. Das Knowhow dazu bringt das Team rund um Forschungsleiter Dominic Gorecky und Projektleiter Michael Wendling mit, sowie das Netzwerk der SSF. Der Förderverein «Swiss Smart Factory» (FV-SSF) zählt bereits rund 50 Mitglieder und 40 davon machen beim Leuchtturmprojekt mit.
Ein Ökosystem, das zeigt, wie Industrie 4.0 funktioniert
Wie ein Ideensupermarkt soll das Leuchtturmprojekt für Unternehmen funktionieren, die sich digitalisieren möchten. Denn viele Technologien sind im Digitalisierungsbereich aufgrund von Softwarekomponenten nicht sichtbar und das Endergebnis gibt selten bis nie Aufschluss über die einzelnen Funktionsschritte. Mit dem Leuchtturmprojekt steuern wir in Richtung «gläserne Fabrik» (sprich «transparente Fabrik») und Besucher der SSF können entlang des Produktionsökosystems – vom Produktdesign bin hin zur Verpackung – den ganzen Product-Lifecycle verfolgen. Die grosse Herausforderung dabei ist, diese Vernetzung in der Produktion zu zeigen. Möglich machen wir dies durch Virtual Reality und Augmented Reality sowie Bodenmarkierung und Lichteffekte.
Optimale Zusammenarbeit durch Datendurchgängigkeit
Um eine smarte Produktion aufzubauen und einen höheren Mehrwert zu erzeugen, werden Technologien nicht einzeln, sondern gemeinsam eingesetzt. Dabei richten wir den Fokus nicht nur auf die Maschinen, sondern auf die ganze Umgebung – Gebäude, Infrastruktur und Maschine. Durch diese umfassende Datendurchgängigkeit aller Arbeitsschritte fliessen Informationen von Entwickler zu Entwickler; vom Entwickler zur Maschine; von der Maschine zum Produkt; vom Produkt zum Kunden und vom Kunden wieder zurück zum Hersteller.
Pragmatisch, kreativ und kosteneffizient
Man könnte Pizza durchaus mit einem Ferrari liefern, aber das wäre bestimmt nicht der effizienteste Weg. Für das Leuchtturmprojekt müssen wir pragmatisch (also besser den Fiat nehmen) und kreativ sein, um eine Lösung zu finden, die einfach gestaltet und integriert werden kann sowie kosteneffizient ist.
Unser Out-off-the-box Denken erlaubt uns, Testabläufe zu machen, ohne dabei riesige Investitionen beim Unternehmen zu generieren.
Wichtig beim Leuchtturmprojekt ist der Fakt, dass nie das Produkt (im ersten Projekt eine Drohne), sondern immer das Produktionsmittel im Vordergrund steht. Ob Drohne oder Schuhe produziert werden, ist hier irrelevant.
Die SSF als Schlüsselstelle für den Austausch zwischen Forschung und Industrie
Die Angstschwelle in Bezug auf Themen wie Cloud, kollaborative Robotik usw. ist noch immer relativ hoch. Firmen erkennen zwar den Wert dieser Technologien, setzen sie aber nicht ein. Hier wollen wir Vertrauen schaffen und mit dem Leuchtturmprojekt den Informationsaustausch zwischen Industrie, Unternehmen und Forschung herstellen. Die SSF dient dabei als Schlüsselstelle im Informationstransfer für Unternehmen, die ihre eigene Produktionsumgebung definieren möchten und vom Ökosystem mit den 40 Partnern profitieren wollen.
Wir wollen informieren, begeistern, schulen und die ersten Proof of Concept mit Firmen vorweisen können. Mit dem Leuchtturmprojekt möchten wir Firmen inspirieren, sich mit dem Wert dieser Technologien auseinanderzusetzen.
Durch Industrie 4.0 Technologien soll die Produktion wieder vermehrt in der Schweiz stattfinden.
Die Treiber und Partner hinter der Initiative
Als industriestärkster Kanton der Schweiz hat der Kanton Bern ein grosses Interesse am Leuchtturmprojekt. Gemeinsam mit dem Switzerland Innovation Park Biel/Bienne und der BFH steht der Kanton Bern hinter der Initiative und unterstützt das Leuchtturmprojekt als innovatives Vorzeigeprojekt für Partner und Firmen. In der Werkhalle – das Herzstück des Neubaus von SIPBB – erhält es die beste Fläche und wird auch von aussen für Passanten sichtbar sein.
Ein Konsortium von Organisationen – Unternehmen, Vereine, Forschungsinstitutionen und Schulen – haben sich dem Leuchtturmprojekt angeschlossen.
40 der rund 50 Partner des Fördervereins «Swiss Smart Factory» (FV-SSF) machen mit. Grösstenteils sind dies Technologieprovider, die Komponenten der Operation Technology (OT) bieten, sowie IT-Partner, welche die Kommunikation zwischen den verschiedenen Produktionsmitteln ermöglichen – sogenannte «Vernetzungssoftware». Zudem sind Hochschulen wie die BFH und technische Schulen wie die HFTM beteiligt.
Zeitachse und Meilensteine
Der Startschuss zum Leuchtturmprojekt fiel im Januar 2019 und wird zwei Jahre dauern. Im ersten Jahr haben wir analysiert, wie wir die 40 Partnerfirmen in das Projekt involvieren können.
Seit Sommer 2019 sind wir am Aufbau der ersten Produktionseinheiten, um die Grundoperationen der Produktion für die Drohne zu ermöglichen. Mit der Ersten Entwicklungsphase wollen wir bis zur Eröffnung des Neubaus (Januar 2021) fertig sein.
Zurzeit haben wir noch nicht ein komplettes Produktionsökosystem. Mit den verschiedenen Technologiedemonstratoren können wir aber bereits eine fast reale Produktionsumgebung zeigen.
Als Meilenstein für die Entwicklungsstufe 0,5 wird unser Auftritt an der Schweizer Technologiemesse Sindex im September 2020 sein. Nach eineinhalb Jahren Projektzeit zeigen wir dort erstmals, was wir gemeinsam mit unseren Partnern und dem Förderverein SSF aufgebaut und erreicht haben.
Für die Zukunft wollen wir jedes Jahr im Spätsommer/Herbst ausstellen, um zu zeigen, wo die Evolutionen der Industrie 4.0 sind und was wir mit unseren Partnern weiterentwickelt haben.
Neuer kommunikativer Ansatz mit Tutorials und herstellerunabhängige Marketingvitrine
Die SSF geniesst bereits einen sehr hohen Bekanntheitsgrad und empfängt jährlich zahlreiche Besucher, welche aufgrund unserer Marketingaktivitäten oder den Empfehlungen durch die Standortförderung Kanton Bern oder durch die Greater Geneva Bern area (GGBa) zu uns kommen. Das Leuchtturmprojekt bietet somit allen involvierten Organisationen eine ausgezeichnete Marketingvitrine und einen nicht herstellerspezifischen Showroom. Erstmals setzt die SSF beim Leuchtturmprojekt Tutorials ein, um das Produktionsökosystem zu zeigen und um das Leuchtturmprojekt optimal in den Social-Media-Kanälen präsentieren zu können.
Interview: Leila Chaabane, Marketing-Communication SIPBB, mit Projektleiter Michael Wendling